Kommentar / Kontext / Wirkungsgeschichte:
Bücher verliehen dem Künstler Werner Stötzer viele Inspirationen für sein künstlerisches Schaffen. Mit den erzählenden literarischen Werken Heinrich von Kleists beschäftigte er sich immer wieder, in den 1980er Jahren unter anderem im Zusammenhang mit dem Auftrag für die Skulptur „Michael Kohlhaas“ für das Kleist-Museum in Frankfurt (Oder), WVZ-Nr. 211,212,224. Insbesondere setzte er sich dabei mit Kleists Schriften auseinander. Den „Brief eines Malers an seinen Sohn“ (Kleist, Werke und Briefe in 4 Bdn., hier Bd. 3, Berlin, Weimar 1978, S. 461f), der auch Stötzers Lebenshaltung entsprach, mochte er besonders gern. Aus einer Aufzeichnung des Bildhauers aus dem Jahre 1990 geht hervor, dass er sich nicht vorstellen könne, ein Denkmal zur Ehrung des Dichters zu machen. Diese Einschränkung hielt ihn nicht davon ab, sich mehrfach mit der „Figur“ und dem Leben von Kleist zu beschäftigen, so auch in einem Text aus dem Jahr 1990, einen anderen Dichter zitierend: „Der Preuße Heinrich von Kleist, 'ein Liebender, dem der Tod als höchste Vereinigung vorschwebt, ein stotternder Poet, ein Patriot ohne Vaterland – solch eine Gestalt und solch ein Leben hätten nur von Kleist selbst erfunden werden können' (Bodo Uhse). Das ist es, was mich als Bildhauer bewegt. Den Dichter kann ich nicht beklagen und auch nicht rühmen. Sein Werk ist außergewöhnlich, das Genie bedarf nicht des Lorbeers. So bleiben mir, um ihn zu ehren, die Geschöpfe seiner Dichtung. Sie können durch den Skulpteur ein Zeichen werden, aber eben in dem Sinn, daß aus der Moral des Dichters die Moral der Form wird, ohne daß dabei der Sinn einer bestimmten Figur aufgehoben wird.“
(Stötzer, 2002, S.116)
„Für Kleist“ heißt die Skulptur aus dem Jahr 2004/2005. Wie in vielen seiner Werke ist auch hier die Bindung an das ursprüngliche Material sichtbar. Die blockhafte Verknappung und die Geschlossenheit der Form des Torsos verstärken die Ausdruckskraft der Skulptur und verleihen der aufrecht stehenden Figur eine große Ruhe und Noblesse. Die minimale Schrittstellung suggeriert eine latente innere Bewegtheit.