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GND 1229538259

Ingrid Behla

Geburt Datum / Ort:
14.09.1957, Schorbus (Bezirk Cottbus, heute: Land Brandenburg)
Tod Datum / Ort:
17.11.1993, Brannenburg (Gemeinde im oberbayerischen Landkreis Rosenheim)
Wirkungsort(e):
Berlin
Nationalität:
Deutschland

Portrait:

Porträt Ingrid Behla
Berlin, 1990

Foto: Jochen Wermann

(Normierte) Berufsbezeichnung:
Gebrauchswerberin, Gebrauchsgrafikerin, Malerin, Grafikerin, Fotografin
weitere biogr. Angaben:

- 14.09.1957 geboren in Schorbus (seinerzeit Kreis Cottbus, heute Landkreis Spree-Neiße)
- Vater: Georg Erwin Behla (1923–1996)
- Mutter: Elfriede Edith Behla, geb. Gasse (1924, Brieg bei Breslau–1977)
Die Eltern arbeiteten in der Landwirtschaft.
- Geschwister: Siegfried (*1948), Marianne (*1952), Karin (*1956)

1964-1974
Besuch der Polytechnischen Oberschule

1974-1976
Berufsausbildung in Cottbus: Gebrauchswerberin

1976/77
Arbeit in Cottbus (HO Lebensmittel und Industriewaren)

1977
Umzug nach Berlin (Wohnungen in der Kinzigstr. 4, Diedenhofer Str. 3, später in der Bergstr. 70)

1977-1979
- Arbeit als Gebrauchswerberin im „Haus der Mode“, in den Rathauspassagen am Alexanderplatz
- Kontakt zu Christoph Meyer (*1954, heute Maler), durch den sie Jochen Wermann (*1950, heute Fotograf) kennenlernte
- Beginn der Partnerschaft/Lebensgemeinschaft mit Jochen Wermann
- erste gemeinsame Reise nach Bulgarien, zurück über Rumänien, Ungarn, Tschechoslowakei
(Reisen in den Folgejahren u.a.: mit dem Faltboot nach Benz/Usedom, mit dem Fahrrad [Mifa 26] über das Erzgebirge in die Tschechoslowakei, mit dem Faltboot in die Masuren)

1979-1982
- Studium der Gebrauchsgrafik an der Fachschule für Werbung und Gestaltung, Berlin-Schöneweide
- Freundschaft zur Kommilitonin Andrea Hölzer (heute Malerin und Grafikerin)
- Kennenlernen des Fotografen Manfred Paul (*1942) als Dozenten, der auch nach dem Studium ein wichtiger Mentor blieb
- in Schöneweide entstanden die Kontakte zum Maler und Grafiker Wulff Sailer (*1936) sowie zum Maler und Grafiker Bodo Müller (*1944, heute auch Bühnenbildner und Fotograf)
- Schülerin im "Werkstudio Grafik" bei dem Maler, Grafiker und Bildhauer Wolfgang Leber (*1936) seit 07.03.1979
„Sie begegnete mir sehr eigenständig und gleichzeitig überaus zweiflerisch sich selbst gegenüber ... Zurückhaltend war sie, immer aufmerksam und mit großer Ernsthaftigkeit bei der Arbeit.“1)
Seit 1980 gab es unter der Leitung von Wolfgang Leber den "Sommerkurs" im Kulturhaus Prater und im Pratergarten. 1980 und 1982 war Ingrid Behla dabei wie auch auf der Exkursion des "Werkstudio Grafik" nach Jabelitz 1979.

1982
arbeitslos nach dem Studienabschluss (d.h. sie entzog sich erfolgreich der Arbeitsvermittlung; es gab Jobs zum Geldverdienst und Anstellungen/Assistenzen, um nach DDR-Recht sozialversichert und nicht asozial zu sein)

1982-1986
- Arbeit als „Werktätiger mit Lohnnachweisbuch“ (pro forma / Sozialversicherung): Kleindarstellerin im Deutschen Theater/Kammerspiele, beim Fernsehen der DDR und bei der DEFA
- Schülerin im Werkstudio Grafik bei Wolfgang Leber noch bis zum 04.05.1983
- fotografische Erkundungen (Stillleben, Licht, Arbeit, Stadt)
- Werbefotografie für die MITROPA (nicht gedruckt)
- 1982 Begegnung mit der freien Berliner Theatergruppe „Zinnober“, über Bernd und Sonja Hennersdorf
Der Austausch mit den Gründungsmitgliedern Gabriele Hänel (*1952), Steffen Reck (*1956) und Dieter Kraft (*1950) beeindruckte sie äußerst intensiv und war Anstoß für:
- fotografische Probenbegleitung
- Gestaltung von Plakaten und Handzetteln – ohne Druckgenehmigung (z.B. „Station Pillgram 218“ und „traum haft“) sowie mit Druckgenehmigung für „Die Jäger des verlorenen Verstandes“
„1982/83 war das Frauen-Thema bei uns präsent im Projekt: Frau Holle|Station Pillgram 218. Ich nahm Ingrid Behla erstmals wirklich wahr als sehr still und sehr wach.“2)
„Ingrids zurückhaltende Teilnahme an der Arbeit der Gruppe Zinnober war in vielfacher Hinsicht bereichernd: Ihre Anwesenheit während der oft schwierigen Probenstunden signalisierte Vertrauen in das Ungewisse, das wir zu erkunden suchten. Ihr Lachen war eine Leuchtrakete: selten genug, immer treffend. Manche[r], den Arbeitsprozess begleitende Zeichnung oder Plakatentwurf lenkte den Fokus auf nur von ihr Gesehenes, das dann aber wesentlich werden konnte.“3)
„Es fiel ihr nicht leicht, sich zu befreunden. Ihre Zartheit und gleichzeitige intellektuelle Strenge, ließen sie oft als distanziert oder hochmütig erscheinen.“4)
- Kontakte zum Schriftsteller Ulrich Zieger (1961–2015) und zum Verleger Egmont Hesse (*1959)

1987/88
- Assistentin bei der Malerin und Bildhauerin Sabine Teubner (*1953) in Berlin (pro forma /Sozialversicherung)
- Arbeitsschwerpunkte: Reprofotografie, farbige Arbeiten auf Papier, Malerei, Zeichnung

1989/90
- Assistentin bei dem Fotograf Jochen Wermann, Berlin (pro forma /Sozialversicherung)
- starke Hinwendung zur Malerei
- 01.11.1989-27.02.1990 eigene Steuernummer
- ab 27.02.1990 arbeitslos
- fotografische Dokumentation, im Auftrag von Christoph Tannert, für die Zeitschrift SCHADEN, die von Okt. 1984 bis Nov. 1987 mit insgesamt 17 Heften in Ost-Berlin erschien
(entstanden im Treppenaufgang des nach dem 2. Weltkrieg noch erhaltenen Flügels der Akademie der Künste Berlin, angesichts des brillanten Oberlichts)

1991/92
- 24.06.-06.12.1991 vom Arbeitsamt geförderter Computerkurs (inkl. Photoshop), der sie zu diesem Zeitpunkt überforderte
- 09.12.1991 bis März 1992 arbeitslos, Suche einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM); Entdecken der Fotografiegeschichte und -technik in der Bibliothek der Technischen Universität und der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin; geplant waren die Bewerbung an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee und bei der Landesarbeitsgemeinschaft Spiel und Theater Berlin e.V.
- 24.03.1992 Krebsdiagnose
- psychiatrische Behandlung, Psychoanalyse (vorzeitig beendet)
- ab Mai ABM in der 32. Oberschule, Prenzlauer Berg, vermittelt durch die Künstlerin und Projektleiterin Karla Sachse (*1950): Einbeziehen der Lochkamera mit großer Faszination für die Schüler/innen
"Diese Einbindung war für Ingrid wichtig. Die Ungewissheit ihrer Verlängerung hat sie sehr belastet."5)
- 21.07.1992 Eintrag im Kalender: „Finanzamt, Tag ersäuft, ANSPANNUNG“

1993
- lebte bei Gabriele Hänel und war im erneut engen Kontakt zu Dieter Kraft, beide Gründungsmitglieder der freien Theatergruppe „Zinnober“
„Ich gab ihr eine Zuflucht, vielleicht die Chance, sich freier zu verabschieden.“6)
„Ingrid Behla habe ich dann in ihrer letzten Krankheitsphase unterstützen dürfen. Dabei ist sie mir als eine starke und außerordentlich sensible Künstlerin begegnet und nahe gekommen.“7)
- „Sie vernichtete zuletzt sehr viele ihrer Arbeiten.“8)
„Etwa 500 wurden von ihr außerhalb von Berlin verbrannt, nach Selektion und auch zum Trotz.“9)
- Bestrahlung in der Berliner Charité/Virchow-Klinikum
- durch gynäkologische Vermittlung (unabhängig von der Charité) Weiterbehandlung in Brannenburg (Veramed Klinik am Wendelstein, Oberbayern)
17.11.1993 verstorben in Brannenburg (Veramed Klinik am Wendelstein, Oberbayern)
25.11.1993 bestattet in Berlin, auf dem Georgen-Parochial-Friedhof II
Die Trauerrednerin thematisiert den Satz von Ingrid Behla: „Ich habe keinen Grund gefunden.“

1) Wolfgang Leber, am Tel. 17.03.2021
2) Dieter Kraft, am Tel. 12.03.2021
3) Steffen Reck, Mail v. 28.03.2021
4) Gabriele Hänel, Mail v. 31.03.2021
5) Jochen Wermann, Mail v. 27.03.2021
6) wie Anm. 4
7) Dieter Kraft, Mail v. 14.12.2020
8) wie Anm. 2
9) Jochen Wermann, Gespräch am 16.03.2021

 


Mitglied in Künstlergruppen:

Ingrid Behla kam nach Ost-Berlin, als die Künstler/innen der Stadt „aus- und aufbrachen“. Die kulturpolitischen Vorstellungen der DDR waren für sie Herausforderung und Makulatur zugleich.
Unter ihnen bewegte sie sich, schloss Kontakte und wurde durch den „Aus- und Aufbruch“ der Kollegen/innen in der eigenen Entwicklung animiert und beeinflusst.

"Künstlergruppen" enstanden in den Kursen seinerzeit schon gestandener Maler und Grafiker wie Wolfgang Leber (*1936), Lothar Böhme (*1938) und Dieter Goltzsche (*1934).
Ingrid Behla war Schülerin bei Wolfgang Leber im Werkstudio Grafik. Im Archiv von "Werkstudio Grafik" (Wolfgang Leber, Berlin) befinden sich 29 Radierungen und zwei Federzeichnungen von ihr.

„...über Ingrid in einem kurzen Satz zu bleiben“, fällt schwer, “weil ihr Bild für mich einen ganzen Roman der Wendezeit bedeutet...[ihre] Arbeiten erzählen etwas von einer schlummernden Kraft und Konsequenz, vor der sie sich vielleicht selbst noch gefürchtet hat.“ (Gabriele Hänel, Mail v. 31.03.2021)

 

 

 

 


Ausstellungen:

Einzelausstellungen

1994 Berlin, Galerie Weißer Elefant, Ingrid Behla (1957-1993), Zeichnungen/Malerei

2016 Dannenwalde, Kirche am Wege (mit Alice Bahra)

2018-2021 Potsdam, Chambre Subtile (mit Albrecht Walter)

 

Gruppenausstellungen

2009/2010 Prenzlauer Berg Museum, Berlin, Poesie des Untergrunds

2010 Kurt Tucholsky-Gedenkstätte, Rheinsberg, Poesie des Untergrunds

2010 Kunstsammlung Städtische Museen Jena, Poesie des Untergrunds

2010 Literaturzentrum Vorpommern/Koeppenhaus, Greifswald, Poesie des Untergrunds

2010/2011 German House, Generalkonsulat der BRD, New York, Poesie des Untergrunds

 

 

 

Öffentliche Sammlungen:

Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Puppentheatersammlung

Schriftlicher Nachlass:

Archiv Jochen Wermann, Berlin

Werke

  • Ingrid Behla (1957-1993), Zeichnungen/Malerei, 1994 (Galerie Weißer Elefant, Berlin)
  • "fluten 2 in Tübingen", 1999 (peripherie im Sudhaus, Tübingen)
  • Poesie des Untergrunds, 2009-2010 (Prenzlauer Berg Museum, Berlin)
  • Poesie des Untergrunds, 2010 (Kurt Tucholsky Literaturmuseum, Schloss Rheinsberg, Rheinsberg)
  • Poesie des Untergrunds, 2010 (Kunstsammlung Städtische Museen, Jena, Jena)
  • Poesie des Untergrunds, 2010 (Literaturzentrum Vorpommern/Koeppenhaus, Greifswald)
  • Poesie des Untergrunds, 2010-2011 (German House, Generalkonsulat der BRD, New York)
  • Alice Bahra und Ingrid Behla, 2016 (Kirche am Weg Dannenwalde, Gransee-Dannenwalde)
  • Ingrid Behla (1957-1993), Zeichnungen/Malerei, 2018-2021 (Chambre Subtile, Potsdam)
  • Bartholomäus, Ralf, Ingrid Behla (1957-1993). Zeichungen / Malerei, Berlin 1994.
  • Berg, Doris, 2. Porträtfotoschau der DDR, Ost-Berlin 1981.
  • Edition Galerie auf Zeit (Hg.), Poesie des Untergrunds. Poetry of the Underground, Berlin, New York 2010.
  • Klatt, Thomas, Die Sensible, die Zweifelnde. Das Brandenburgische Landesmuseum hat den Kernbestand des Werkes der Malerin, Fotografin, Grafikerin Ingrid Behla erhalten, in: Lausitzer Rundschau 04.06.2021, S. 19.
  • Kumlehn, Thomas, „Balance“ – Ingrid Behla und Alice Bahra in der Dannenwalder Kirche. Eröffnungsrede, Dannenwalde 03.09.2016. Archiv Thomas Kumlehn. www.kirche-dannenwalde.de/index.php/EV/261/PID/11.html
  • pm/rok, Werke Ingrid Behlas im Dieselkraftwerk, in: Lausitzer Woche 22.05.2021.
  • Rammelt, Jürgen, Kunst über den Köpfen, in: Märkische Oderzeitung 04.09.2016. www.moz.de/lokales/gransee/kunst-ueber-den-koepfen-48572092.html

Porträt Ingrid Behla
Berlin, 1984
Brandenburgisches Landesmuseum für moderne Kunst, Cottbus

Foto: Jochen Wermann

Selbstporträt Ingrid Behla
Berlin, 1982
Brandenburgisches Landesmuseum für moderne Kunst, Cottbus

Foto: Ingrid Behla

Ingrid Behla
Stralsund, 1982
Brandenburgisches Landesmuseum für moderne Kunst, Cottbus

Foto: Jochen Wermann

Ingrid Behla
Berlin, Diedenhofer Straße, 1982
Brandenburgisches Landesmuseum für moderne Kunst, Cottbus

Foto: Jochen Wermann

Ingrid Behla
Atelier, Arbeitsplatz
Aufnahme mit Lochkamera, 1992

Foto: Ingrid Behla

Ingrid Behla und Andrea Hölzer
Berlin 1983

Foto: unbekannt

Werkstudio Grafik, 1981
(auf dem Dach Schönhauser Allee 73)
Jochen Wermann, 1.o.v.l.
Angelika Schulze, 2.o.v.l.
Claudia Schauß, 4.o.v.l.
Wolfgang Leber, 6.o.v.l.
Katharina Knebel, 1.u.v.l.
Andrea Hölzer, 2.u.v.l.
Ingrid Behla, 3.u.v.l.

Foto: unbekannt

Ingrid Behla, Pleinair in Beckerwitz bei Wismar, 1980
"Wir waren jung und die Dinge schienen uns zuzufliegen und für uns ausgebreitet zu sein. Wir brachen auf in die Welt der Kunst, loteten uns selbst aus." (Andrea Hölzer, Mail v. 20.05.2021)
Das Pleinair gehörte an der FS für Werbung und Gestaltung zum Kanon im 2. Studienjahr, begleitet durch Kurt Tuma (Naturstudium), Wulff Sailer und Bodo Müller (Grundlagenstudium).

Foto: Andrea Hölzer