Entstehungsort:
Atelier Berlin-Altglienicke
Gründe der Datierung (Freitext):
nach Annegret Janda, 1970
Technik / Material (Werteliste):
Bronzeguss
Technik / Material (Freitext):
Bronzeguss
Maße (HxBxT) :
220 x 87 x 81 cm
Plinthe 7 x 80 x 70 cm
Signatur:
verso r. auf Plinthe: W. STÖTZER
Bezeichnung, durch Künstler/in:
unbez.
Beschriftung, von fremder Hand:
auf Schmalseite Plinthe verso l.: 1
Objektbeschreibung:
überlebensgroße Statue eines Arbeiters mit Buch in der linken Hand, die rechte berührt das Buch, eine Jacke hängt lose über der rechten Schulter
Artefakte / Herstellungsprozess:
lt. Gießereiunterlagen Seiler & Siebert, Guss 1964
Kommentar / Kontext / Wirkungsgeschichte:
Die Skulptur entstand im Zusammenhang mit dem Relief zu einem Gedicht von Bertolt Brecht „Fragen eines lesenden Arbeiters". Dr. Martin Hollender, Referent für Grundsatzangelegenheiten der Staatsbibliothek Berlin beschreibt deren Entstehung und Wirkung wie folgt (Auszug):
„Der damals knapp dreißigjährige freiberufliche Bildhauer Werner Stötzer ergriff die Initiative. Auf seine Anregung hin erhielt er vom Kulturfonds der DDR [...] den Auftrag, für den Brunnenhof eine Figur und ein Relief zu schaffen. Hinter den Ostrand des Bassins platzierte Stötzer die 2,20 Meter hohe Statue eines Lesenden Arbeiters; und wer das Wasserbassin von Westen umrunden wollte, passierte fortan ein ebenfalls 2,20 Meter hohes und 1,50 Meter breites Relief im Hochformat. Der Text von Bertolt Brechts 1936 im dänischen Exil entstandenen Gedicht „Fragen eines lesenden Arbeiters“ wurde vollständig wiedergegeben und ‚geschmückt' mit Darstellungen der leichthin vergessenen Protagonisten der Weltgeschichte: entrechteten und geschundenen Bauarbeitern, als ‚Kanonenfutter‘ verheizten Soldaten, Opfern, Leidtragenden und Hinterbliebenen – den subaltern Namenlosen, die kein Geschichtsbuch je verzeichnete.
Am 21. Oktober 1961 wurden beide Kunstwerke am Vorabend der Jubiläumsfeierlichkeiten der 1661 gegründeten Bibliothek eingeweiht."
Was den kunstgeschichtlichen Charakter des Werkes betrifft, urteilt der Autor fast 50 Jahre nach seiner Entstehung: „... in der Tat entspringt der Lesende Arbeiter keinem schlichtem Realismus, sondern dessen Sonderstufe des die Wirklichkeit überhöhenden Sozialistischen Realismus. Doch der Lesende Arbeiter liest ja gar nicht, er hält sein Buch bloß in der Hand – und wenn man so will, hält er das Buch auch ein wenig unbeholfen, wie einen ihm im Grunde fremden, noch fremden und sperrigen Gegenstand. Kaum verwunderlich: zwar sollte man die Bildungswilligkeit und die Lesebereitschaft der Arbeiterschaft nicht mit akademischem Dünkel vorschnell geringschätzen, doch waren – und sind es bis heute – die Bücher der Staatsbibliothek die Produkte anspruchsvoller wissenschaftlicher Studien und Analysen und somit häufig allein für eine sehr eng gefasste Forscherklientel von echtem Erkenntnisgewinn. Der wissenschaftlich ‚Lesende Arbeiter‘ war und blieb zumindest in der Staatsbibliothek ein politischer Wunsch, eine sozialistische Chimäre."
(Bibliotheksmagazin 1/20, Februar 2020, S. 30-32)
Weitere Abbildungen:
Lesender Arbeiter
1958-1960
Bronze
220 x 87 x 81 cm
Seitenansicht
© VG Bild-Kunst, Bonn; Sylvia Hagen
Foto: Barb Kirkamm
Lesender Arbeiter
1958-1960
Bronze
220 x 87 x 81 cm
historische Aufnahme
© VG Bild-Kunst, Bonn; Sylvia Hagen
Foto: Akademie der Künste, Berlin, Christian Kraushaar
Vorhandene Reproduktionsvorlage (beste Qualität):
Digitales Original
Weitere Reproduktionsvorlagen:
s/w Digital Repro
Berger, Ursel (i.A. des Georg-Kolbe-Museum Berlin) (Hg.), Werner Stötzer 1931-2010, Berlin 2011, hier: S. 31.
Dohmann, Albrecht/Feist, Peter H./Förster, Ruth/Herbig, Eva, Bild der Klasse. Die deutsche Arbeiterklasse in der bildenden Kunst, Berlin 1971, hier: S. 417, Abb. 254.
Endlich, Stefanie/Wurlitzer, Bernd, Skulpturen und Denkmäler in Berlin, Berlin 1990, hier: S. 303.
Hollender, Martin, Wasserfontäne, wilder Wein und lesender Arbeiter Kapitel: Inmitten der Lesende Arbeiter, in: Bibliotheksmagazin. Mitteilungen aus den Staatsbibliotheken in Berlin und München 02.2020 15. Jhrg. 4. Ausg. (1/20), S. 30-35, hier: mit zahlr. Abb.
Hütt, Wolfgang, Werner Stötzer, in: VEB Bibliographisches Institut Leipzig (Hg.), Junge bildende Künstler der DDR –Skizzen zur Situation der Kunst unserer Zeit 1965, hier: S. 144-148.
Jacobi, Fritz u.a., Werner Stötzer. Plastik und Zeichnung, Berlin 1977, hier: S. 25 (nicht in Ausstellung).
Jähner, Horst, Fragen eines lesenden Arbeiters, Plastik und Relief von Werner Stötzer, in: National-Zeitung 23.03.1962.
Janda, Annegret, Werner Stötzer, in: Weggefährten. 25 Künstler der DDR, Dresden 1970, S. 320-335, hier: S. 330 Abb. 2.
Janda, Karl-Heinz, Fragen eines lesenden Arbeiters, in: Biehahn, Erich: Kunstwerke der Deutschen Staatsbibliothek, Berlin 1961, S. 59-63, hier: S. 59-63.