Kommentar / Kontext / Wirkungsgeschichte:
„Gehirne sind schwarze, braune, blutige und geheimnisvolle Geschöpfe (Wesen); bemerkenswert ist das Auseinanderklaffen zwischen der Göttlichkeit des Möglichen dieses Organs und dem Amorphen seines materiellen Erscheinungsbildes. Ausgangspunkt meiner „Organarbeit“ (Gehirne, Herzen, Därme) war das Durcharbeiten von Anatomiebüchern, um mir das überlieferte „Material Bild“ zu erschließen...“
(vgl. Interview zwischen Obrist, Hans Ulrich und KK)
Im Nachlasskonvolut befinden sich sehr viele Abbildungen aus anatomischen Fachbüchern, aus medizinischen Fachzeitschriften, zahlreiche Röntgenbilder (eigene wie fremde).
In den 1980er Jahren tauchte das Gehirn als Motiv mehrfach in der gegenwärtigen Kunst auf, u.a. bei Katharina Fritsch (*1956), die damit als Düsseldorf-Absolventin sehr schnell im Kunstmarkt Beachtung fand.
Das aggressive Zeitgeschehen mag die Renaissance-Tradition aktualisiert haben, im Hirn – neben dem Sitz der kognitiven Fähigkeiten auch den Sitz der Seele – zu sehen. Wodurch man mit ihm auch den Ort der Ursache für das gegenwärtige Geschehen verband.
Selbstverständlich wusste KK von den Zeichnungen Leonardo da Vincis, die den menschlichen Schädel, das menschliche Gehirn zeigen. Kunst und Wissenschaft waren für den Italiener wie vermutlich auch für KK keine getrennten Sphären.